Das letzte Stück, das wir dieses Jahr dank des Theaterabonnements sehen durften, „Alice im Wunderland“, war zugleich das erste Stück des Meininger Theaters, bei welchem Akteure des Jungen Theaters, des Puppentheaters und der Jungen Musik gemeinsam auf der Bühne standen. Dieser neue Zusammenschluss sollte das Interesse Jugendlicher auf das Theater lenken, so dass auch in Zukunft genügend Zuschauer für die Meininger Bühnen begeistert werden können, um Stücke mit so aufwendigen Bühnenbildern, extravaganten Kostümen und viel Passion, wie es in Meiningen üblich ist, finanzieren zu können.
Das farbenfrohe, aber teilweise düstere Wunderland der Inszenierung wurde durch die eingesetzten Kostüme und das Bühnenbild überraschend gut dargestellt. Zusammen mit Alice konnten daher auch wir Zuschauer immer tiefer in die verwirrende Welt des Wunderlands eintauchen. Insbesondere die Puppen, die für die verschiedenen fantasievollen Charaktere eingesetzt wurden, fesselten uns Zuschauer, nicht zuletzt aufgrund der beeindruckenden Fähigkeiten der Meininger Puppenspieler. Die Junge Musik, die ihr Können direkt auf der Bühne zum Besten gegeben hat, konnte durchaus von sich überzeugen, besonders in Hinblick auf die Tatsache, dass nur ein grober Rahmen bezüglich der musikalischen Ausgestaltung festgelegt war, der viel Freiraum für Improvisation ließ, welchen die Musiker sich auch zunutze machten. Dementsprechend war die musikalische Untermalung immer genau auf das Timing der Schauspieler angepasst und spontanen Eingebungen der Musiker konnte einfach gefolgt werden. So ist jede Aufführung dieses Stückes ebenso einzigartig, wie das Wunderland, von dem sie handelt. Natürlich darf bei einem Stück mit so vielen außergewöhnlichen, emotionalen und aufbrausenden Charakteren die passionierte Interpretation der Schauspieler nicht zu kurz kommen, weshalb ihnen ein gewisser Raum zur Improvisation offengehalten wurde. Dieser Plan hat auf jeden Fall funktioniert, wenn auch gelegentlich „zu gut“, denn vom Zu-kurz-Kommen von leidenschaftlichen Szenen kann in diesem Stück nicht die Rede sein; vielmehr wurde für den Geschmack vieler Abonnement-Teilnehmer zu viel Enthusiasmus zur Schau gestellt. Denn die Hauptdarstellerin Alonja Weigert, die Alice verkörpert, wirkte oft sehr aufgedreht, mitunter etwas gekünstelt und beinahe angestrengt in ihrer Bemühung, die überwältigenden Gefühle darzustellen, welche Alice durch all die neuen Eindrücke aus dem Wunderland verspürt. Das Stück selbst war eine moderne Fassung der ursprünglichen Geschichte von „Alice im Wunderland“, welche 1865 von Lewis Carroll verfasst wurde und zum Genre „Literarischer Nonsens“ gezählt wird, eine allzu treffende Beschreibung, denn nach dem Besuch des Theaterstücks waren in einigen Gesichtern der Abonnement-Teilnehmer Fragezeichen zu finden. Statt aus purer Neugier folgt Alice dem weißen Kaninchen in dieser Version, um vor ihrem monotonen Alltag und den ständigen Streitereien mit ihren Eltern zu fliehen. Grundsätzlich wurde Alice als rebellischer Teenager und nicht als kleines Mädchen porträtiert. So verwendete sie vermehrt Jugendsprache, die auf uns Jugendliche im Publikum häufig einen sehr aufgesetzten, unpassenden Eindruck machte. Auf ihrer ziellosen Suche stellte Alice immer mehr in Frage, wer sie eigentlich ist, und stieß für lange Zeit nur auf weitere Fragen statt auf Antworten. Insgesamt ist anzumerken, dass das Stück in vielerlei Hinsicht mit keinem der bereits vom Theaterabo besuchten Stücke vergleichbar war. Das ist zum einen ein großer Vorteil, denn es hinterlässt in jedem Fall einen bleibenden Eindruck und sorgt für viel Gesprächsmaterial. Zum anderen rührt diese Andersartigkeit von den vielen verschiedenen Akteuren der Aufführung sowie der Tatsache, dass kaum ein freier Moment zur Verarbeitung der sehr vielseitigen Handlung zur Verfügung stand. So hatte der Gesamteindruck des Stücks einen irritierenden und etwas überforderten Beigeschmack, der die positiven Aspekte überschattete.
Marie Elsner und Isabel Memmel (11b)
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